Martin Hepperle
Ultraleichtflugzeuge müssen heute in der Bundesrepublik strengen Lärmbestimmungen genügen und aufgrund von Gewichtsbeschränkungen mit relativ geringen Motorleistungen auskommen. Aus diesem Grund ist es notwendig, bei der Propellerauslegung für diese Flugzeuge einen hohen aerodynamischen Gütegrad zu erzielen. Durch die Kunststoffbauweise ist es heute möglich, einen Propeller so anzufertigen, daß er sehr genau den zugrundeliegenden Berechnungen entspricht. - Insbesondere für die Wahl der Profilierung ergeben sich hier große Fortschritte gegenüber der bisher üblichen Holzausführung.
Im Hinblick auf einen geringen Schallpegel sollte das Maximum der Zirkulation zur Nabe hin verlagert werden, wobei allerdings der Wirkungsgrad absinkt. Außerdem muß die Anströmgeschwindigkeit an der Blattspitze so niedrig wie möglich gehalten werden.
Für die aerodynamische Auslegung ist der geringste induzierte Energieverlust anzustreben, wobei ein Kompromiß gefunden werden muß, damit die Lärmveringerung am Propeller selbst nicht durch den mit einem höheren Leistungsbedarf verbundenen Motorlärm zunichte gemacht wird. Die Einsatzbereiche der Profile müssen genau auf die Anforderungen von Motor und Propeller abgestimmt werden. Hier soll anhand der Ergebnisse eines Propeller-Entwurfs für den Einsatz mit einem Antriebsmotor von etwa 27 kW Leistung aufgezeigt werden, welche Verbesserungen sich durch Anwendung inverser Entwurfs-Methoden erzielen lassen. Es erweist sich als sinnvoll, für jede Kombination von Antrieb und Propeller speziell angepasste Profilfamilien zu entwickeln, was mit einem geeigneten Verfahren [1] leicht möglich war. Für den Propellerentwurf wurde ebenfalls ein inverses Verfahren angewandt [2], das nach vorgegebener Verteilung der Auftriebsbeiwerte die Geometrie des Propellers so bestimmt, daß dieser nach Betz/Prandtl [3] den geringsten induzierten Energieverlust aufweist.
Da zunächst nur der Antriebsmotor und seine Charakteristik bekannt war, wurden zur Abgrenzung von Profilanforderungen, Durchmesser und Untersetzungsverhältnis einige Entwurfs- und Analyserechnungen durchgeführt. Für diese Untersuchungen erfolgten die Nachrechnungen in den 'Off-Design' Fällen nach einem einfachen Blattelement-Verfahren [2], das sich im Vergleich mit Messungen und Ergebnissen von Berechnungen durch Wirbelleiter-Methoden erstaunlich gut bewährt hat.
Bereits aus der einfachsten aller Theorien zur Berechnung von Propellern, der Strahltheorie, ergibt sich der günstigste Wirkungsgrad bei größtem Durchmesser. Um das Zusammenspiel von Motor und Propeller bei verschiedenen Durchmessern zu untersuchen wurden drei unterschiedliche Propeller so entworfen, daß für vom Motorhersteller vorgegebene Untersetzungsverhältnisse der selbe Machzahlverlauf mit einer Machzahl an der Blattspitze von Ma = 0.5 eingehalten wurde. Die Ergebnisse sind in Abb.1 und Abb.2 dargestellt.
Abb.1: Verlauf des Wirkungsgrads für verschiedene Durchmesser bei konstanter Blattspitzenmachzahl.
Abb.2: Schubverlauf für drei verschiedene Propellerdurchmesser bei konstanter Blattspitzenmachzahl.
Die Leistungsvorteile durch eine Vergrößerung des Durchmessers im Bereich geringer Geschwindigkeiten sind klar zu ersehen, die Schub-Charakteristik des kleineren Propellers deckt dagegen einen breiteren Geschwindigkeitsbereich ab. Da sich aber die Ultraleichtflugzeuge aufgrund des hohen schädlichen und induzierten Widerstandes nur in einem schmalen Band von Flug-Geschwindigkeiten bewegen, ist hier also der größtmögliche Propellerdurchmesser anzustreben. Das Niveau der Reynoldszahl über dem Radius sinkt, wie Abb.3 zeigt, mit zunehmendem Durchmesser etwas ab so daß ein zusätzlicher, geringer Wirkungsgradverlust auftritt. Dieser liegt allerdings nicht in der selben Größenordnung wie der Gewinn durch die größere erfasste Luftmenge.
Abb.3: Verlauf der Reynoldszahl über dem Radius für zwei verschiedene Durchmesser.
Die Verteilung der Auftriebsbeiwerte über dem Propellerradius für den Startfall sowie für den Steig-, Reise- und Schnellflug mit Geschwindigkeiten zwischen 5 m/s und 35 m/s wird in Abb.4 gezeigt. Für die Profilauswahl lassen sich hier sehr gut die überstrichenen Einsatzbereiche erkennen. Zwischen Innenbereich und Blattspitze ergeben sich hier sehr unterschiedliche Anforderungen.
Abb.4: Verlauf von Auftriebs- und Widerstandsbeiwert über dem Radius für den Durchmesser D = 1.76 m.
Da der Propeller relativ stark belastet ist, hat eine Erhöhung der Blattzahl nur einen sehr geringen Einfluß auf den Wirkungsgrad, wie Abb. 5 anhand des verfügbaren Schubs für zwei, drei und vier Blätter zeigt. Die Änderung von zwei auf vier Blätter bringt eine Verbesserung des Wirkungsgrades von etwa einem Prozent.
Abb.5: Schubverlauf bei verschiedener Blattzahl.
Vom Standpunkt der Lärmentwicklung dagegen ist eine hohe Blattzahl durchaus sinnvoll, da sich dann der Lärmanteil infolge Verdrängungswirkung des Blattes verringert und eine gleichförmigere, schwächer pulsierende Druckverteilung von höherer Frequenz am Standort eines Beobachters erzielt wird. Ändert man die Blattzahl von zwei auf drei Blätter, so sinkt nach [4] der Lärmpegel bei einem vergleichbaren Propeller um etwa 3 dBA. Das dynamische Verhalten eines Propellers hoher Blattzahl bei Schräganströmung (Steigflug, Schiebeflug) ist ebenfalls günstiger (geringere Vibrationen, gleichmäßiger Drehmomentenverlauf), aus konstruktiven und Kosten-Gründen wird man sich für Ultraleichtflugzeuge auf drei bis vier Blätter beschränken.
Die Blattgeometrie zeigt eine deutliche Veränderung im Breitenverlauf, wobei die gesamte Blattfläche annähernd konstant bleibt, während sich der Einstellwinkel mit zunehmender Zahl der Blätter nur geringfügig erniedrigt. Abb.6 zeigt die Blattform von Zwei- und Dreiblatt-Propeller mit geringstem induzierten Energieverlust.
Abb.6: Blattgeometrie von Zwei- und Dreiblatt-Propeller.
Für den vorgesehenen Anwendungsfall erweist sich nach den Voruntersuchungen ein Propeller mit einem Durchmesser von 1,76 m und zwei Blättern als am günstigsten. Die Drehzahl des Propellers ergibt sich damit aus der Forderung an der Blattspitze eine Machzahl von 0.5 einzuhalten zu n = 1830 1/min. Dies erfordert auch gleichzeitig die maximal verfügbare Getriebe-Untersetzung von 1:3,0 .
Wegen des besseren dynamischen Verhaltens kann auch die Dreiblatt-Version Verwendung finden; die geometrischen Daten beider Ausführungen sind in Tab.1 zusammengefasst.
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Tab. 1: Blattgeometrie.
Um den speziellen Betriebsbedingungen in Reynoldszahl und Auftriebsbeiwert gerecht zu werden, erfolgte der Entwurf einer speziellen Familie von fünf Profilen, deren Form in Abb.7 dargestellt ist. In den Polaren von Innen- und Außenprofil (Abb.8 und Abb.9) sind die Einsatzpunkte für Start, Steigen, Reise- und Schnellflug gekennzeichnet. Während die Profilauslegung für das Innenprofil an einer radialen Position von r/R = 0.2 von einem sehr hohen maximalen Auftriebsbeiwert für den Startfall und einem breiten notwendigen Anstellwinkelbereich entscheidend bestimmt wird, muß das Profil an der Blattspitze einen deutlich geringeren Anstellwinkelbereich abdecken. Die Grenze nach oben hin wird durch die Bedingung fixiert, daß infolge der hohen Anströmgeschwindigkeit keine lokalen Überschallgebiete auftreten dürfen.
Für alle Profile wurde eine möglichst hohe Gleitzahl sowie geringe Empfindlichkeit gegen Oberflächenrauhigkeiten angestrebt. Wie Abb. 10 anhand von Wurzel- und Spitzenprofil zeigt, ändert sich der Charakter der Profilpolaren bei zunehmender Rauhigkeit nicht wesentlich. Aus statischen und konstruktiven Gründen können die Profile im Innenbereich nicht so dünn sein, wie es von der Aerodynamik her ausreichen würde.
Abb.7: Geometrie der entwickelten Profilfamilie.
Abb.8: Das Wurzelprofil 112.
Abb.9: Das Endprofil 116.
Abb.10: Polardiagramme der Profile 112 und 116 bei rauher Oberfläche.
Mit den selben Methoden, die für den Entwurf Verwendung fanden, wurde ein handelsüblicher Propeller in Holzausführung analysiert und mit dem Neuentwurf verglichen. Hier soll lediglich der Verlauf des normierten Wirkungsgrades dargestellt werden (Abb.11). Da die Propeller nicht exakt die gleiche Leistungscharakteristik zeigen, wurde als Normierungsfaktor der ideale, nach der Strahltheorie (bei gleicher Leistungsbelastung) bestimmte Wirkungsgrad herangezogen. Der Neuentwurf zeigt über dem gesamten Einsatzbereich eine deutliche Überlegenheit im Wirkungsgradverlauf von etwa fünf bis zehn Prozent.
Abb.11: Relativer Wirkungsgrad des neuentwickelten Propellers im Vergleich mit einer üblichen Ausführung.
Wie schließlich in Abb. 12 dargestellt ist, schlägt sich diese Verbesserung auch im Verlauf des Schubs nieder, wobei mit einem Propeller hoher aerodynamischer Güte auch weniger Leistung in Lärm umgesetzt wird, womit das Ziel dieser Entwicklung erreicht ist.
Noch nicht geklärt ist die Frage, wie weit man von der optimalen Auftriebsverteilung am Blatt abweichen darf, um den Lärmpegel weiter zu senken, wenn aber die abgegebene Schubleistung erhalten bleiben soll.
Abb.12: Schubabgabe des neu entwickelten Propellers im Vergleich zur üblichen Konstruktion.
[1] Eppler, R. and Somers, D.M.: "A Computer Program for the Design and Analysis of Low-Speed Airfoils", NASA TM-80210, 1980.
[2] Prandtl, L. und Betz, A.: "Schraubenpropeller mit geringstem Energieverlust", enthalten in: "Vier Abhandlungen zur Hydrodynamik und Aerodynamik", Göttingen, Reprint 1927.
[3] Larrabee, E.E.: "Practical Design of minimum induced Loss Propellers", SAE Paper 790585, 1979.
[4] Succi, G.P.: "Design of Quiet Efficient Propellers", SAE Paper 790584, 1979.
[5] Eppler, R. and Hepperle, M.: "A Procedure for Propeller Design by Inverse Methods", in G.S. Dulikravich: Proceedings of the "International Conference on Inverse Design Concepts in Engineering Sciences" (ICIDES), pp. 445-460, Austin, October 17-18, 1984.